Umschlag mit 70 Briefmarken Deutsche Besatzungszone

  • Hallo miteinander,


    ich habe von meinem Großvater einige Briefmarken geerbt und beschäftige mich seitdem etwas damit - d.h. ich bin (noch) nicht wirklich ein Kenner.

    Ich habe in der Kiste diesen Umschlag gefunden mit 70 Briefmarken. Da hatte bestimmt jemand Spaß den Wert der Marken vor dem Versenden zusammenzurechnen ^^


    Meine Frage wäre, ob das generell überhaupt etwas wert ist? Die 15pf Briefmarken sind laut Michel Katalog immerhin 15,- / Stück wert, oder?


    Viele Grüße

    Sebastian

  • Das ist ein sehr prächtiger Briefumschlag! Alleine durch die hohe Frankatur mit 70 Briefmarken zu insgesamt 22 Mark macht den Beleg besonders und alleine durch die großen Einheiten hat er einen gewissen Wert. Leider kann ich das Stempeldatum nicht lesen, könnte es sich evtl. Um eine 10fach-Frankatur handeln? Dann wäre es etwas richtig Wertvolles. Wie hoch der Handelswert ist, richtet sich hierbei nicht nach dem Michelwert der verklebten Briefmarken, sondern nach der Portorichtigkeit und Seltenheit der Portostufe. Dafür gibt es einen speziellen Briefe-Katalog von MIchel. Hier hast Du auf jeden Fall ein sehr besonderes Stück. Du solltest auf keinen Fall auf die abwegige Idee kommen, die Briefmarken irgendwie abzulösen.!

    Viele Grüße

    Christoph

  • Hallo sebbo385,


    bei deinem Beleg handelt es sich um einen Eilboten-Einschreiben-Fernbrief der dritten Gewichtsstufe vom 22.06.1948 von Böblingen nach Hamburg. Verklebt wurden insgesamt 70 Briefmarken des Alliierten Kontrollrats:

    • MiNr. 928 (5 ×)
    • MiNr. 932 (10 ×)
    • MiNr. 946 (9 ×)
    • MiNr. 946 W OR
    • MiNr. 948 (20 ×)
    • MiNr. 953 (5 ×)
    • MiNr. 954 (10 ×)
    • MiNr. 956 (9 ×)
    • MiNr. A 956

    Diese Marken waren in der Bizone lediglich bis zur Währungsreform am 20.06.1948 zum vollen Nennwert frankaturgültig. Vom 21.06.1948 bis 23.06.1948 (erste Briefkastenleerung) durften sie in der Bizone zu einem Zehntel des Nennwerts und in Berlin und der SBZ vom 25.06.1948 bis zum 31.07.1948 aufgebraucht werden. Belege aus dieser Zeit werden als Zehnfachfrankaturen bezeichnet. Aufgrund des kleineren Verwendungszeitraums sind Zehnfachfrankaturen aus der Bizone etwas seltener.

    Der Beleg ist mit 2200 Reichspfennig beziehungsweise 220 Deutsche Pfennig portogerecht frankiert, da aufgrund der Größe des Umschlags die Gewichtsstufe von 251 bis 500 g plausibel erscheint. Das Porto setzt sich wie folgt zusammen:

    • Fernbrief 251 bis 500 g: 800 Reichspfennig
    • Einschreibegebühr: 600 Reichspfennig
    • Eilbotengebühr: 800 Reichspfennig

    Die Kombination eines Fernbriefs der dritten Gewichtsstufe mit den Zusatzdiensten Eilboten und Einschreiben ist sehr selten, als Zehnfachfrankatur natürlich noch seltener. Im Buch "Die Markenausgaben unter dem Beschluss des Alliierten Kontrollrates 1946-48: Band 3: Verwendung der Marken" von Jan Hohmann wird bereits eine Verwendung vor der Währungsreform eines Eilboten-Einschreiben-Fernbriefs der dritten Gewichtsstufe mit LP für Liebhaberpreis bewertet. Eine Zehnfachverwendung nach der Währungsreform eines Eilboten-Einschreiben-Fernbriefs ist im Handbuch lediglich für die erste Gewichtsstufe vermerkt und ebenfalls mit LP bewertet. Dass die weiteren Gewichtsstufen keine Berücksichtigung im Handbuch fanden, spricht ebenfalls für die Seltenheit. Leider ist die Erhaltung vieler Marken des Belegs etwas bescheiden, was sich wertmindernd auswirkt.


    Falls du in der Kiste weitere Belege des Alliierten Kontrollrats finden solltest, würde ich mich sehr über eine Vorstellung hier im Forum freuen.


    Viele Grüße

    BUND

  • Vielen Dank für die zahlreichen und sehr ausführlichen Antworten, das hat mir wirklich sehr geholfen!

    Die Stempel sind vom 22.06.1948, auf der Rückseite ist aber noch ein Stempel vom 24.06.1948.


    War mir gar nicht bewusst, dass die Stempel überhaupt eine Rolle bei Briefmarken spielen ^^ Meinen Vorfahren wohl auch nicht, sonst wäre der Brief nicht einfach so ohne Schutz in der Kiste rumgelegen...

    Falls du in der Kiste weitere Belege des Alliierten Kontrollrats finden solltest, würde ich mich sehr über eine Vorstellung hier im Forum freuen.

    Das war der einzige frankierte Umschlag in der Kiste. Der Rest sind alles Briefmarken in Sammelalben, bei denen ich die Stempel meistens nicht lesen kann. Ich hab aber im Vorstellungsforum noch ein paar andere Highlights aus der Sammlung hochgeladen, falls du Interesse hast.


    Viele Grüße

    Sebastian